Vortragsreihe begeistert weiter!

Die Reservistenkameradschaft Leipzig-Leutzsch führte im Rahmen ihrer sicherheits-politischen Informationsreihe erneut im ersten Halbjahr 2019 als Mittelpunktveranstaltungen des Landesverbandes Sachsen zwei Abendvorträge im Gohliser Schlösschen durch. Die Referenten im März und April befassten sich zum einen mit einem Überblick über aktuelle Aspekte der Sicherheitspolitik der Bundesrepublik Deutschland und zum anderen mit der deutschen Beteiligung am NATO-Großmanöver in Norwegen „Trident Juncture 2018“.

Für den ersten Abend gelang es, Herrn Dr. Stephan Böckenförde, Wissenschaftlicher Direktor am Zentrum Informationsarbeit Bundeswehr in Strausberg, zu gewinnen.

Die grundlegenden Herausforderungen an die deutsche Sicherheitspolitik skizzierte Dr. Böckenförde anhand von drei Problemfeldern. Zuerst führte er den Bereich der „Binnenprobleme“ an und ordnete hierbei nicht nur den derzeitigen Zustand der Streitkräfte zu, sondern wies auch auf die veränderte gesellschaftliche Situation mit den Stichpunkten wirtschaftliche Lage, Anpassung an den Klimawandel und sozialer Zusammenhalt, als auch den Vertrauensverlust vieler Bürgen in die Medien in der Bundesrepublik Deutschland hin.

Der zweite Bereich, der unsere Sicherheitspolitik maßgeblich beeinflusst, ist durch ständig wechselnde internationale Herausforderungen geprägt. Hierbei wurde nicht nur die unsichere Lage in der Peripherie der Europäischen Union (Nordafrika, Syrien u. a.) und die politische Zusammenarbeit mit Russland im Rahmen der Annexion der Krim erwähnt, sondern auch der innere Zustand der Europäischen Union aufgeführt.

Den dritten Bereich, der unsere sicherheitspolitischen Interessen lenkt, umschrieb Dr. Böckenförde mit „globale/systemische Probleme“. Aus der ursprünglichen Bipolarität der Mächteverhältnisse in den Aufbaujahren der Bundesrepublik veränderte sich die Betrachtungsweise über eine sich umgestaltete politische Ausrichtung in Richtung einer globalisierten Welt. Seit der amerikanische Präsident jedoch sein Motto „America First“ vehement verbreitet, stellt er scheinbar die partnerschaftlich gewachsene Beteiligung an der NATO in Frage. Er bricht damit auch aus bisher traditionellen Denkstrukturen aus und beschreibt in seiner Nationalen Sicherheitsstrategie (NSS) vom Dezember 2017 seine Politik als Begegnung mit einer „continuous competition“. Einen ununterbrochenen Konkurrenzkampf über die Vormachtstellung zwischen den USA, Russland und China, in dem die Europäische Union bzw. Deutschland, wenn überhaupt, dann nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Dr. Böckenförde skizzierte dieses Machtbestreben an einer Weltkarte eindrucksvoll und erzielte dabei erstaunte Mienen beim Auditorium, das sich eine bessere Teilhabe am weltpolitischen Machtgefüge erwartet hatte. Mit einem humorvollen Ausblick auf das politische Geschehen in der Bundesrepublik bis zum Jahresende beendete Dr. Böckenförde seine Ausführungen und lies erkennen, dass er jederzeit im kommenden Jahr wieder bereit sei, nach Leipzig zu kommen.

Für die zweite Abendveranstaltung stand Oberst i.G. Thomas Schmidt vom Multinationalen Kommando Operative Führung in Ulm zur Verfügung, um hier über seine Erfahrungen als OPR (Officer with Primary Responsibility) bei der Übung Trident Juncture (TRJE18) zu berichten. Angefangen von der Einladung Norwegens im Jahre 2014, diese Übung im eigenen Lande durchführen zu lassen, über den Beginn der Planung im Januar 2017 bis zur Durchführung der Übung mit ca. 50.000 Personen aus 30 Ländern (NATO mit Schweden und Finnland) berichtete er für die Zuhörer plastisch das Übungsgeschehen. Deutschland allein hatte hier 8.500 „Boots on the Ground“ und schon die Verlegung des Gebirgsjägerbataillons 232 per Eisenbahn von Bayern nach Norwegen erzeugte eindrucksvolle Bilder in den Köpfen der Anwesenden.

In einer „OpsBox“, einem Übungsraum von ca. 150 km mal 200 km, von Trondheim bis Lillehammer standen kanadische, deutsche, schwedische und finnische Kräfte einem Gefechtsverband aus Italienern, Briten und der VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) gegenüber, um als fiktive Übungskräfte in einem echten Gelände zu kämpfen. Die NATO hatte sich hier in einem „Scenario OCCASUS“ einer Aggression der imaginären Länder Murinus, Griseus, Plumbeus und Cinereus zu erwehren und konnte in diesem Fall ihre Verlegungsfähigkeit und das Zusammenwirken von Land-, See- und Luftstreitkräften beeindruckend unter Beweis stellen. Im Rahmen eines groß angelegten Presse- und Besuchertages in Trondheim konnte hochrangigen Gästen von Politik und Militär aus Ost und West als Fazit vermittelt werden: „NATO übt – NATO kann!“

Oberst i.G. Schmidt lobte abschließend noch die Gastnation für die reibungslose Unterstützung des gesamten Übungsvorhabens und konnte berichten, dass der Gedanke der Wehrbereitschaft dort deutlich ausgeprägter ist, als in manch anderen Staaten der EU. Die norwegische Bevölkerung steht nicht nur als schweigende Mehrheit, sondern durchgehend zustimmend hinter ihren Soldaten und diese seien stolz darauf, die Uniform ihres Landes tragen und zur Sicherheit ihren Beitrag leisten zu dürfen.

In den anschließenden Diskussionen zeigte sich bei beiden Vorträgen eine rege Beteiligung der Anwesenden, die mit der Aufforderung endete, diese Vortragsreihe fortzusetzen.