IR – Flecktarn gleich Flecktarn?

Mythos IR im Zusammenhang mit den TL der Bundeswehr

Immer wieder werden in Gesprächen, welche sich zwischen Fachdialogen bis Räuberpistolen bewegen, die technischen Lieferbedingungen der Bundeswehr und die Aufklärung durch Infrarot-Geräte erwähnt. Oft haben dabei die Beteiligten klare Antworten. Sucht man jedoch in den unendlichen Weiten des digitalen Informationsnetzes sind diese Antworten sehr rar bis nicht vorhanden.

Ich habe die Coronazeit, mit dem für mich verbundenen „Berufsverbot“ genutzt, um dem Thema näher zu kommen. Leider standen mir bis dato nur rudimentäre Arbeitsmittel zur Verfügung, jedoch lässt sich ein erster interessanter Eindruck gewinnen. Mit einem einfachen Nachtsichtgerät inkl. IR Lampe aber ohne Fotoeinheit (!!! – mit Zweitgerät durch Optik aufgenommen) wurden zunächst Textilien mit Baumwollanteil getestet. Es muss erwähnt werden, dass es sich dabei um einen nicht repräsentativen Test auf kurze Entfernungen handelt. Wie sich das mit noch professionelleren Geräten verhält, kann hier noch nicht nachvollzogen werden. Der einfache Testaufbau ermöglichte keine schärferen Bilder – mit Bitte um Entschuldigung.

Suchbild: es versteckt sich hier ein Hundegesicht. – Foto DH

Auch wenn der 5 Farben Tarndruck durchaus Schwächen (z.B. bei Dämmerung, Bewölkung und gegen die Lichtquelle) hat, ist er unter diesen Testbedingungen mit IR-Licht in der aktuellen Form äußerst erfolgreich. Auch die verfügbaren Varianten überzeugten. Dies ist auf die verwendeten Materialien und Farben zurückzuführen.

Doch das war nicht immer so. Schlechte Nachricht für all die älteren Landser, welche ihre Erfahrung mit dem Alter der Kleidung zum Ausdruck bringen möchten. Deutlich sind Unterschiede zu erkennen. Während bei Nylonstoffen vor einem „Leuchten“ gewarnt wird, stellt man hier einen anderen Effekt fest. Die älteren offiziellen Varianten, besonders die dunklen aus den letzten 90er und den 00er Jahren, welche man durch einen eindeutig (je nach Zustand) zu düsteren, unnatürlichen Grünton und dunkler Rückseite erkennt, sind unter IR-Licht ganz klar auszumachen. Sie grenzen sich durch eine dunkle Erscheinung ab und haben weniger Kontrast. Einige noch ältere Stücke waren da etwas besser. Wer von Trägern dieser Varianten wegen eines unzureichenden IR-Schutzes angehalten wird, kann auf das Etikett in deren Kleidung hinweisen.

Hier sieht man Alt und Neu im Buschwerk. – Foto DH

Andererseits ist nicht jedes privat beschaffte Stück schlecht. Einige deutsche Hersteller wissen um die Sorgen der Soldaten und fertigen ihre Produkte teilweise aus TL-Ware. In diesem Fall wurde aber zur Verdeutlichung der Hut einer qualitativ guten Firma aus dem östlichen Nachbarland getestet. Am Tage top, aber nicht in der Nacht unter IR-Licht.

Trotz der schlechten Qualität der Aufnahme lassen sich über den Wüstentarndruck f. Spezialkräfte und über dem Nässeschutz der Hut ohne TL sowie der alte Helmbezug als dunkle Flecken erkennen. Im Hintergrund die Zeltbahnen. Die rechte Zeltbahn und die Feldblusen neuerer Art verschmelzen mit dem Hintergrund. – Foto DH

Für Freunde von üppigen Klettflächen gibt es ebenfalls schlechte Nachrichten. Die Kunstfasern der Bereiche mit Flausch leuchten auf und heben sich somit deutlich ab. Da muss eine Abdeckung aus Originalstoff drüber.

Nahbereich: Klettfläche und Dienstgradschlaufe sind klar zu erkennen – Foto DH

Weitere Leckerbissen sind Versuche mit dem NVA Flächentarn, sowie dem Bundeswehr Amöbentarn und dem schweizer Alpentarn TAZ 83. Bei den beiden Letzteren gab es wohl Überlegungen zum Thema IR-Schutz, ähnlich dem seltenem Leibertarn aus den 40er Jahren.

Auch bei Gewebe für Taschen und Ausrüstung war der beschriebene Unterschied zwischen den Varianten erkennbar. Ältere Fabrikate hoben sich in puncto Helligkeit nicht ganz so zu deutlich von den neuen ab. Der Kontrast des Musters stellte sich dagegen als zu schwach dar. Zum Vergleich wurde eine alte Feldbluse dazu gelegt. Auch die verschiedenen Materialien spielen eine Rolle. Einfassungen und Schnallen, Riemen und Kordeln sind klar auszumachen. Im Vergleich sind ebenfalls Importprodukte und Marken aus Nylon und Cordura-Fabrics zu sehen. Der Waffengurt eines deutschen Anbieters leuchtet mit seinem neuwertigen Material, trotz seiner dunkleren Farbe. Die BW-Gurtbänder leuchten ebenfalls, wogegen die gealterten Molle-Gurtbänder des qualitativ annehmbaren Import-Rucksacks sich vom hellen Grundmaterial als dunkle Streifen abheben.

IR-Tarnfarben und Permanentstifte können beim Tarnen von Gurtbändern usw. helfen. Ob die neuen Gurtbänder mit originalenTarnmuster-Aufdruck besser geeignet sind, konnte nicht getestet werden.

Allgemein war bei den neueren Kammerstücken nach TL, unter diesen einfachen Testbedingungen, kein wesentlicher Unterschied der Wirkung bei gleichzeitig verschiedenen Grundmaterialien zu erkennen. Nicht schlecht für eine Streitkraft, deren Beschaffung öfter in der Kritik steht!

Fazit: Der Test hat nur einen geringen technischen Anspruch, zeigt jedoch Unterschiede. Der Tarndruck der Bundeswehr nach den Lieferbedingungen neuerer Art ist Kopien und älteren Tarnstoffen überlegen. Bei Nylon-Gewebe sind bestimmte Anbauteile nachträglich zu bearbeiten, um die Tarnwirkung zu verbessern.

Gewebe BW alt, neu (überstrahlt) und links unten eine Felbluse von 1997 – Foto DH